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Gebietseigene Pflanzen

Eines der wichtigsten Ziele des Naturschutzes ist der Erhalt der natürlichen biologischen Vielfalt. Die genetische Vielfalt als Teil der Biodiversität ist eine Voraussetzung für die Wahrung der Anpassungsfähigkeit von Arten. Die Verwendung gebietseigenen Saat- und Pflanzguts leistet dabei einen Beitrag zur Erhaltung der innerartlichen Vielfalt. Durch Rückgriff auf gebietseigenes Material bei einer Ausbringung können mögliche diesbezügliche Gefährdungen von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten ausgeschlossen werden.

Als gebietseigene Pflanzen gelten Pflanzen, die aus Populationen einheimischer Sippen stammen, welche sich in einem bestimmten Naturraum über einen langen Zeitraum in vielen Generationsfolgen vermehrt haben, so dass von einer genetischen Differenzierung gegenüber Populationen der gleichen Art in anderen Naturräumen auszugehen ist. Für das Ausbringen von Pflanzen in der freien Natur sind die Vorgaben des § 40 Absatz 1 Bundesnaturschutzgesetz zu beachten.

Gemäß § 40 Absatz 1 BNatSchG bedarf deshalb das Ausbringen von Pflanzen in der freien Natur der Genehmigung der zuständigen Behörde, wenn die Art in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt. Dies gilt nicht für künstlich vermehrte Pflanzen, wenn sie ihren genetischen Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben.

Davon ausgenommen sind der Pflanzenanbau in der Land- und Forstwirtschaft (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG). Die Regelungen des § 40 Abs. 1 BNatSchG gelten darüber hinaus für alle Gehölze und krautigen Pflanzen.

Genehmigungen nach § 40 Absatz 1 BNatSchG

Ist beabsichtigt, in der freien Natur Pflanzen auszubringen deren Art (zur Definition vgl. § 7 BNatSchG) in dem betreffenden Gebiet nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt, bedarf es der Genehmigung der zuständigen Behörde.

Zuständige Behörde ist gemäß § 47 Absatz 1 Sächsisches Naturschutzgesetz (SächsNatSchG) die untere Naturschutzbehörde des jeweiligen Landkreises / der jeweiligen kreisfreien Stadt. Abweichend davon ist gemäß § 48 Abs. 2, 2. im Geltungsbereich der Rechtsverordnungen über Nationalparke, die Nationalparkregion Sächsische Schweiz und über Biosphärenreservate die obere Naturschutzbehörde (Landesdirektion Sachsen) zuständig.

Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist. Artikel 22 der Richtlinie 92/43/EWG sowie die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 sind zu beachten.

Eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten ist regelmäßig anzunehmen bei Unterschreitung eines Mindestabstands der ausgebrachten Pflanzen zu besonders sensiblen Bereichen. Dabei gelten folgende Festlegungen:

Die Mindestabstände orientieren sich am Ausbreitungsvermögen der ausgebrachten Pflanzen

  • 300 m bei Gehölzarten, deren Früchte sich durch Wind ausbreiten (z.B. Weiden und Pappeln)
  • 100 m bei allen anderen Pflanzenarten.

Sensible Bereiche sind:

  • Strukturen, die die Fernausbreitung von Diasporen begünstigen, z.B. Straßen, Oberflächengewässer
  • Pflanzenbestände mit hervorgehobener Bedeutung für den Naturschutz, in die hinein sich die ausgebrachten Pflanzen ausbreiten und zu einer Florenverfälschung beitragen können z.B.:
  Links zu Kartendarstellungen
Bestände in Naturschutzgebieten

https://www.umwelt.sachsen.de/
umwelt/infosysteme/ida/p/schutzgebiete?

https://luis.sachsen.de/natur/schutzgebiete.html

Bestände in Flächennaturdenkmalen

https://www.umwelt.sachsen.de/
umwelt/infosysteme/ida/p/schutzgebiete?

gesetzlich geschützte Biotope

https://www.umwelt.sachsen.de/
umwelt/infosysteme/ida/p/offenl_biotope_ab2010?

https://luis.sachsen.de/natur/biotopkartierung.html

FFH-Lebensraumtypen

https://www.umwelt.sachsen.de/
umwelt/infosysteme/ida/p/lrt?

https://luis.sachsen.de/natur/ffh-lebensraumtypen.html

Kernflächen des landesweiten Biotopverbunds

https://luis.sachsen.de/natur/biotopverbund.html

Die genaue Abschätzung der Gefährdung obliegt der Genehmigungsbehörde. Vor Beantragung einer entsprechenden Genehmigung sollte deshalb bereits geprüft werden, ob:

  • alternative standörtlich geeignete Arten mit ausreichender Verfügbarkeit an gebietseigenem Material verwendet werden können oder
  • auf die nicht verfügbare Art verzichtet werden kann,
  • alternative Begrünungsmethoden anwendbar sind oder
  • eine zeitliche Verschiebung möglich ist.

Bitte nehmen Sie gegebenenfalls frühzeitig Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde auf – am besten schon in der ersten Planungsphase!

Antrag auf Genehmigung nach § 40 BNatSchG

Der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Ausbringen gebietsfremden Saat- oder Pflanzgutes gemäß § 40 Absatz 1 BNatSchG ist schriftlich oder in elektronischer Form bei der zuständigen Behörde zustellen. Der Antrag muss begründet sein und folgende Mindestangaben enthalten:

  • Benennung der Arten (möglichst unter Verwendung des wissenschaftlichen Namens), die ausgebracht werden sollen
  • Menge / Anzahl der Individuen je Art
  • Ausbringungszeitraum
  • räumliche Lage (Ausbringungsort).

Des Weiteren ist dem Antrag ein Nachweis der Nichtverfügbarkeit gebietseigenen Materials beizufügen. Dies kann beispielsweise durch eine dokumentierte Markterkundung beziehungsweise Nachweis von drei abschlägigen Antworten von Baumschulen oder Unternehmen erfolgen, die grundsätzlich zertifizierte Ware der entsprechenden Vorkommens- / Ursprungsgebiete anbieten.

Vorkommensgebiete / Herkunftsgebiete

Gebietsheimische Gehölze ausgewählter Arten werden deutschlandweit in 6 Vorkommensgebiete (VKG) eingeteilt. Eine Übersicht aller Vorkommensgebiete kann auf der Webseite des BfN abgerufen werden: https://www.bfn.de/themen/artenschutz/gefaehrdung-bewertung-management/gebietseigene-herkuenfte/gebietseigene-gehoelze.html

Sachsen hat gemäß des »Leitfadens zur Verwendung gebietseigener Gehölze« als bundesweit abgestimmte Empfehlungen der Arbeitsgruppe Gebietseigene Gehölze im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2011) Anteil an zwei Vorkommensgebieten:

  • Vorkommensgebiet II - Mittel- und Ostdeutsches Tief- und Hügelland und
  • Vorkommensgebiet III - Ostdeutsches Hügel- und Bergland.

Die beiden Vorkommensgebiete für Gehölze in Sachsen können als shape-Datei unter folgendem Link heruntergeladen werden:

Das bundesweit abgestimmte Regiosaatgut- und Regiopflanzgut-Konzept bildet die Basis für die Produktion und den Einsatz von gebietseigenen Gräsern und Kräutern. Für diesen Bereich wurde ein Artenfilter erstellt (siehe Unterpunkt Artenliste), für deren Arten eine Einteilung der Bundesrepublik Deutschland in 22 Haupt-Herkunftsregionen (im Folgenden zur Anpassung an die EU Terminologie als Ursprungsgebiete bezeichnet) vorgenommen wurde. Sachsen hat Anteil an 5 Ursprungsgebieten:

4:           Ostdeutsches Tiefland
5:           Mitteldeutsches Tief- und Hügelland
8:           Erz- und Elbsandsteingebirge
15:         Thüringer Wald, Fichtelgebirge und Vogtland
20:         Sächsisches Löss- und Hügelland

Anders als bei Gehölzen dürfen Gräser und Kräuter jedoch grundsätzlich nur in jenen den Ursprungsgebieten zugeordneten Produktionsräumen (insgesamt 8 für Deutschland) vermehrt werden. Sachsen hat Anteil an 3 Produktionsräumen:

2 (NO):  Nordostdeutsches Tiefland
3 (MD):  Mitteldeutsches Flach- und Hügelland
5 (SO):  Südost- und Ostdeutsches Bergland

Eine Kartenansicht/-suche dazu ist auf der Seite der Universität Hannover verfügbar: https://regionalisierte-pflanzenproduktion.de/kartendienst.htm

Artenlisten Sachsen

Welche Arten für Sachsen grundsätzlich zur Ausbringung in der freien Natur geeignet sind, wurde von den staatlichen Stellen geprüft und in sogenannten Artenlisten (oft auch "Artenfilter" genannt) zusammengestellt. Diese Listen können Veränderungen unterliegen. Saat- und Pflanzgut von Gehölzarten sowie Saatgut von Arten der Gräser und Kräuter gilt nach entsprechender zertifizierter Herkunft aus dem entsprechenden Ursprungs- bzw. Vorkommensgebiet und entsprechender Nennung in den sächsischen Artenlisten als gebietseigen und kann somit innerhalb des Ursprungs- bzw. Vorkommensgebietes, aus dem es stammt, genehmigungsfrei ausgebracht werden.

  • Gehölzarten, die nicht dem Forstvermehrungsgutgesetz unterliegen:
  • sächsische Artenliste für Gräser und krautige Pflanzen:

Erntebestände für Gehölze in Sachsen

Als Ausgangsbasis für die Produktion von gebietseigenen Gehölzen sind in Sachsen sogenannte Erntebestände kartiert und geprüft worden. Die Prüfung der Erntebestände hinsichtlich der naturschutzfachlichen Eignung orientierte sich dabei an den Vorgaben von Seitz et al. 2008 (AFJZ 179 (4) S. 70-76) und den Kriterien, welche sich aus BNatschG und SächsNatSchG ergeben.

Zusätzlich zu diesen Erntebeständen können Hecken, welche unter Einhaltung bestimmter Kriterien und ausschließlich aus gebietseigenem Material gepflanzt wurden (Vermehrungshecken) mit in die Übersicht zu geeigneten Beständen aufgenommen werden.

Eine Übersicht über naturschutzfachlich geeignete, gebietseigene Gehölzbestände wird durch das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Abteilung 6 betreut.

Produzenten gebietseigener Gehölze, die eine Beerntung von Erntebestände beabsichtigen, wenden sich bitte an den Ansprechpartner des LfULG.

Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Abteilung 6: Naturschutz, Landschaftspflege

Postanschrift:
Postfach 54 01 37, 01311 Dresden

Telefon: 03731 294-0

E-Mail: Abteilung6.lfulg­@smekul.sachsen.de

Ansprechpartner

Frank Richter

Telefon: 03731 294-2216

E-Mail: Frank.Richter2@smekul.sachsen.de

Zertifizierungssysteme

Pflanzgut geeigneter Gehölzarten der sächsischen Positivliste gilt als sicher gebietseigen, wenn es entsprechend zertifiziert ist. In Sachsen werden dabei im Rahmen der Förderung folgende Zertifikate anerkannt:

Weitere Zertifikate werden für eine Förderung anerkannt, wenn das Zertifikat mit DAkkS-Akkreditierung nach den Anforderungen des Fachmoduls "gebietseigene Gehölze" vorgelegt wird.

Für Gehölzarten, die dem Forstvermehrungsgutgesetz unterliegen, gelten in Bezug auf eine Zertifizierung die forstlichen Vorschriften zu den Erntebeständen. Detaillierte Informationen dazu sind hier  zu finden.

Für den Nachweis der gebietseigenen Herkunft für Gräser und Kräuter existieren derzeit zwei privatwirtschaftliche Zertifizierungssysteme. Beide Systeme werden in Sachsen anerkannt:

  • VWW-Regiosaaten® des Verbandes der Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e. V.
  • RegioZert® des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e. V.

Bezugsquellen gebietseigene Pflanzen / gebietseigenes Saatgut

Informationen zu Bezugsquellen oder auch der Verfügbarkeit gebietseigener Pflanzen und gebietseigenen Saatgutes werden von den jeweiligen Anbietern in verschiedenen Formaten, meist auf deren Webseiten, bereitgestellt. Wir empfehlen Ihnen, sich zusätzlich auch telefonisch mit den Anbietern in Verbindung zu setzen.

Informationen finden Sie beispielsweise unter:

Bezugsquellen Links
Verband der Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten e.V.

Gehölze:
https://www.natur-im-vww.de/bezugsquellen/gehoelze/

Gräser und Kräuter:
https://www.natur-im-vww.de/bezugsquellen/graeser-und-kraeuter/

Saaten Zeller

Gräser und Kräuter:
https://www.saaten-zeller.de/regiosaatgut

Rieger-Hofmann

Gräser und Kräuter:
https://www.rieger-hofmann.de/alles-ueber-rieger-hofmann.html

pro agro e.V.

Gehölze:
https://www.proagro.de/agrar-und-ernaehrungswirtschaft/qualitaet-und-marken/pro-agro-qualitaetsprogramme/2145-2/

Erzeugergemeinschaft für autochthone Baumschulerzeugnisse in Süddeutschland (EAB)

Gehölze:
https://www.autochthon.de/

 

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